Klappe, die zweite. Es geht wieder ums Essen.
Ich lebe hier inzwischen im Land der Widersprueche. Kulinarisch gesehen ist eine unglaubliche Auswahl an frischen Zutaten vorhanden. Lachs, Muscheln und andere Koestlichkeiten direkt aus dem Meer gibt es ueberall, Vancouver Island ist klimatisch gesehen ein Paradies fuer Obst und Gemuese, und der Trend zu Bio-Fleisch und anderen Produkten hat auch in Kanada Einzug gehalten. Wie bereits vorher geschrieben, fuer manche Zutaten muss man ein wenig tiefer in die Tasche greifen oder hartnaeckiger suchen, aber finden lassen sich die meisten Dinge dann doch.
Und dann....es gibt einen eigenen Fernsehkanal mit Koch-Shows. 24 Stunden am Tag hat mal die Moeglichkeit, sich per TV inspirieren zu lassen, vom "Making Dinner in 20 Minutes" bis hin zu Gourmet-Wettstreits zwischen erfahrenen Spitzenkoechen, die innerhalb einer Stunde fuenf Gerichte mit einer bestimmten Hauptzutat kochen.
Die Moeglichkeiten sind an sich also unbegrenzt.
Doch dann.....es ist Thanksgiving (war hier am Wochenende) und man kocht Truthahn. Hochgezuechtet, mit Antibiotika vollgepumpt, eh schon wenig Geschmack und dann solange im Ofen totgekocht, bis auch wirklich jeder Fetzen Fleisch so pupstrocken ist, dass man 3 Liter Wein oder Bier hinterherkippen muss, um einen Bissen herunter zu bekommen.
Als Beilage: Kartoffelbrei. An sich ja nett, allerdings glauben die Kanadier, dass Kochsalz der Teufel in anderer Gestalt ist und benutzen keinerlei Salz waehrend des Kochvorgangs - ein Graus fuer jeden Hobbykoch oder Profi - und wuerzen dann spaeter auch nur in Form von gesalzener Butter, die unter die Kartoffeln gemischt wird. Mit dem Ergebnis, das alles oberflaechlich salzig schmeckt und dann beschlossen wird, beim naechsten Mal weniger Salz zu verwenden. Ebenso verfaehrt man hier mit Nudeln, Reis oder anderen Speisen, bei denen der Europaer schon im Kindesalter lernt, dass das Kochwasser ordentlich gesalzen wird.
Oder....es gibt Lachs. Der hier mit Vorliebe mit Sojasosse und braunem Zucker uebergossen im Ofen gebacken wird, bis auch dort das Fleisch so trocken ist, dass dagegen die Sahara wie ein Sumpfgebiet aussieht.
Und das passiert unabhaengig immer wieder. In verschiedenen Regionen und Provinzen, ausgefuehrt von verschiedenen Menschen, die sich nicht kennen. Scheint also ein national-kulturelles Erbe zu sein.....Dinge totkochen, bis sie auch garantiert nicht mehr schmecken koennen. Einzige Ausnahme: Steak. Das wird dann doch gerne blutig gegessen.
Mein Ausweg aus dem Dilemma: immer und ueberall selbst kochen. Fuehrt aber immer wieder zu Situationen, in denen mein Gekochtes nicht oder nur unter grossem Vorbehalt gegessen wird, denn der Lachs ist innen ja noch rosa, also noch halb roh - welch Horror! Dass dieselbe Person gerne Sushi und damit komplett rohen Fisch isst, wird dann ganz gerne mal uebersehen. Oder es gibt die Nachfragen: Dein Kartoffelbrei ist aber lecker; was ist denn drin? - Salz. Zum richtigen Zeitpunkt. Waehrend des Kochvorgangs!
Fragt sich der kulinarisch eher frankophile Mensch - wie kann eine Nation, die zur Haelfte aus Franzosen besteht, so unbeleckt sein, was gutes Essen und Kochen angeht?
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1 comment:
ja, was erlebt man nicht alles....! Sollte man doch meinen, daß bei einer so vielfältigen Bevölkerung, die Esskultur sehr ausgeprägt sein könnte. Doch für ein gutes Essen muß man oder Frau halt Opfer bringen. Missionieren lohnt sich.....! Ich würde mich sehr freuen von Dir mal wieder bekocht zu werden. Bei uns gibt es jetzt auch jede Menge Kochshows im Fernsehen und ich habe dies als Idee aufgegriffen mit Freunden, die man nicht so oft sieht einmal im Monat zu kochen. Wir treffen uns dann immer bei der Köchin oder beim Koch und lassen uns mit einem drei Gänge Menue verwöhnen. Ich habe begonnen mit Sessionalem Essen. Vorspeise eine Kürbissuppe mit Shrimps. Hauptgang Lachs in Hummer Sahne Soße mit Bandnudeln und als Nachtischvariationen Pannacotta auf fruchtspiegel satt. Eine normale Variation und eine mit Zimt. Als I - Tüpfelchen dann noch einen Esskastanienkuchen. Hmmmm war das lecker!!!
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