Thursday, October 25, 2007

Brennende Villen - ueberflutete Armenviertel

Heute mal politisch....

Seit Tagen kann man hier nicht mehr den Fernseher einschalten, ohne von den horrenden Braenden in Kalifornien zu hoeren.

Nun....man muss dazu sagen, dass die Nachrichtenlandschaft in Kanada sonst generell meist sehr lau ist. Passiert halt nicht viel. Oder zumindest nicht viel von Bedeutung. Da fuellen dann Nachrichtensendungen - je nach Qualitaet des Senders - die Zeit sonst meist mit seeeeeeehr ausfuehrlichen Berichten zu einem Thema oder mit den neuesten Neuigkeiten von Dancing with the Stars...

Jetzt haben sie im Moment halt ne Menge zu berichten....Feuer in Hollywood.

Und da bekommt man dann die ueblichen Verdaechtigen zu Gesicht: Michael Chertoff - Minister fuer Heimatschutz oder auch David Paulison von der FEMA, die sich im Moment alle selbst auf die Schultern klopfen, da die Katastrophenhilfe ja jetzt so viel besser funktioniert, als bei Hurricane Katrina in Jahr 2005.

Woran das wohl liegen mag? Vielleicht daran, dass im Moment millionenschwere Villen brennen - von reichen, ueberwiegend weissen Amerikanern die ganz gerne mal ein paar Cent fuer den naechsten Wahlkampf locker machen?

Verglichen mit Vierteln in New Orleans, die zu ueber 65% mit wirtschaftlich benachteiligten dunkelhaeutigen Mitmenschen bevoelkert waren.

Ein Schelm, wer boeses dabei denkt.

Tuesday, October 9, 2007

Von Truthaehnen und anderen kulinarischen Katastrophen

Klappe, die zweite. Es geht wieder ums Essen.

Ich lebe hier inzwischen im Land der Widersprueche. Kulinarisch gesehen ist eine unglaubliche Auswahl an frischen Zutaten vorhanden. Lachs, Muscheln und andere Koestlichkeiten direkt aus dem Meer gibt es ueberall, Vancouver Island ist klimatisch gesehen ein Paradies fuer Obst und Gemuese, und der Trend zu Bio-Fleisch und anderen Produkten hat auch in Kanada Einzug gehalten. Wie bereits vorher geschrieben, fuer manche Zutaten muss man ein wenig tiefer in die Tasche greifen oder hartnaeckiger suchen, aber finden lassen sich die meisten Dinge dann doch.

Und dann....es gibt einen eigenen Fernsehkanal mit Koch-Shows. 24 Stunden am Tag hat mal die Moeglichkeit, sich per TV inspirieren zu lassen, vom "Making Dinner in 20 Minutes" bis hin zu Gourmet-Wettstreits zwischen erfahrenen Spitzenkoechen, die innerhalb einer Stunde fuenf Gerichte mit einer bestimmten Hauptzutat kochen.

Die Moeglichkeiten sind an sich also unbegrenzt.

Doch dann.....es ist Thanksgiving (war hier am Wochenende) und man kocht Truthahn. Hochgezuechtet, mit Antibiotika vollgepumpt, eh schon wenig Geschmack und dann solange im Ofen totgekocht, bis auch wirklich jeder Fetzen Fleisch so pupstrocken ist, dass man 3 Liter Wein oder Bier hinterherkippen muss, um einen Bissen herunter zu bekommen.

Als Beilage: Kartoffelbrei. An sich ja nett, allerdings glauben die Kanadier, dass Kochsalz der Teufel in anderer Gestalt ist und benutzen keinerlei Salz waehrend des Kochvorgangs - ein Graus fuer jeden Hobbykoch oder Profi - und wuerzen dann spaeter auch nur in Form von gesalzener Butter, die unter die Kartoffeln gemischt wird. Mit dem Ergebnis, das alles oberflaechlich salzig schmeckt und dann beschlossen wird, beim naechsten Mal weniger Salz zu verwenden. Ebenso verfaehrt man hier mit Nudeln, Reis oder anderen Speisen, bei denen der Europaer schon im Kindesalter lernt, dass das Kochwasser ordentlich gesalzen wird.

Oder....es gibt Lachs. Der hier mit Vorliebe mit Sojasosse und braunem Zucker uebergossen im Ofen gebacken wird, bis auch dort das Fleisch so trocken ist, dass dagegen die Sahara wie ein Sumpfgebiet aussieht.

Und das passiert unabhaengig immer wieder. In verschiedenen Regionen und Provinzen, ausgefuehrt von verschiedenen Menschen, die sich nicht kennen. Scheint also ein national-kulturelles Erbe zu sein.....Dinge totkochen, bis sie auch garantiert nicht mehr schmecken koennen. Einzige Ausnahme: Steak. Das wird dann doch gerne blutig gegessen.

Mein Ausweg aus dem Dilemma: immer und ueberall selbst kochen. Fuehrt aber immer wieder zu Situationen, in denen mein Gekochtes nicht oder nur unter grossem Vorbehalt gegessen wird, denn der Lachs ist innen ja noch rosa, also noch halb roh - welch Horror! Dass dieselbe Person gerne Sushi und damit komplett rohen Fisch isst, wird dann ganz gerne mal uebersehen. Oder es gibt die Nachfragen: Dein Kartoffelbrei ist aber lecker; was ist denn drin? - Salz. Zum richtigen Zeitpunkt. Waehrend des Kochvorgangs!

Fragt sich der kulinarisch eher frankophile Mensch - wie kann eine Nation, die zur Haelfte aus Franzosen besteht, so unbeleckt sein, was gutes Essen und Kochen angeht?

Tuesday, October 2, 2007

Esskultur - Spacefood versus Slow Food

Nach den Berichten zu lecker Lachs nun mal was zur anderen Seite der Medaille...

Leider sind die Kanadier nicht sehr anders als die US Amerikaner, was die Esskultur angeht. Der Grossteil der Bevoelkerung ernaehrt sich ueberwiegend von Dingen, die ich inzwischen als Spacefood bezeichne: Instant-Gerichte, die man in der Mikrowelle kocht oder nur mit heissem Wasser uebergiessen muss, leuchtend gelber Schmierkaese aus dem Glas, der auch nach dem Oeffnen locker mehrere Jahre haltbar ist, vorgeformte, fertig gewuerzte Hamburgerpatties, weisses Toastbrot, das nie schimmelt, Chips, etc. etc. Und wenn mal auswaerts gegessen wird, dann ist das in der Regel Pizza Hut, KFC, oder eine der unzaehligen Burger-Ketten.

Viele normale Lebensmittel, die man als Grundzutaten fuer selbstgekochte Mahlzeiten benoetigt, kann man hier nur in Speziallaeden oder in anderer Form und ueberteuert kaufen. Das faengt an bei frischem Mozzarella, geht ueber Backhefe bis hin zu Speisequark und Freilandeiern.

Wenn man dann also ernsthaft kochen moechte, bleibt einem nur der Besuch der hiesigen Slow Food Geschaefte und Maerkte. Die gibt es hier in Victoria zum Glueck recht haeufig, da die Gegend sehr von ehemaligen Hippies gepraegt ist, und es viele Biobauern gibt, die ihre Produkte lokal vermarkten. Dennoch bleibt: man muss ordentlich Kohle hinblaettern und bereit sein, die lokalen Maerkte ausfindig zu machen - und die sind meist nicht wirklich um die Ecke. Slow Food ist hier eine wichtige, aber kleine Bewegung von Menschen, die fuer sich darauf bestehen, selbst zu kochen, keine Fertiggerichte zu verwenden und eben nicht andauernd im fast food Lokal um die Ecke zu speisen.

Das sind zwei Extreme - Spacefood oder Slow Food. Dazwischen gibt es nicht viel. Die normalen Supermaerkte bedienen Otto-Normalverbraucher - heisst, es gibt unendlich lange Reihen Fertiggerichte, tiefgefroren, aus der Dose oder anderweitig haltbar gemacht (sehr beliebt: die Pulverform....fuer Kartoffelgerichte, Suppen, Nudelgerichte, etc. etc.) und wenig Auswahl an frischen Produkten. Selbst beim Obst und Gemuese ist es schwer, neben den Granny Smith Aepfeln und vorgeschnittenen, eingeschweissten Karotten (wenn man diese grell-organenen geschmacklosen Dinger denn so nennen moechte) solche Dinge wie Auberginen oder Spargel zu finden.

Sicher, in der ersten Zeit hier war das auch alles kein grosses Ding, denn die Auswahl an recht leckerem fast food (zu dem hier im uebrigen auch Sushi zaehlt) ist gross und viele Dinge sind neu oder man bekommt sie in Deutschland nicht. Da merkt man erstmal nicht, dass man die normaleren Lebensmittel nur schwer bekommt.

Merkt man dann, wenn man 10 Kilo zugenommen hat und gerne wieder gesuender essen moechte. (Ja, ich hab gut zugenommen, weiss aber nicht wie viel, da ich seit Jahren keine Waage besitze....weiss aber wohl, dass so mache Hose nicht mehr so gut passt.)

Oder man merkt es, wenn man gerne kocht - so wie ich. Erst sucht man verzweifelt nach den Zutaten fuer Gerichte, die an sich simpel sind und nicht viel erfordern, dann findet man etwas und steht vor dem Herzinfarkt, wenn man das Preisschild sieht. Etwa - Tomaten mit Mozzarella und Basilikum. Frischer Mozzarella? Im normalen Supermarkt nicht zu haben. Im Spezialgeschaeft dann schon.....fuer 8 Dollar pro kleinerer Kugel!!!!! Und das ist wohlgemerkt kein Bueffelmozzarella oder aehnliches, sondern die ganz normale Kuhmilchvariante. Oder - Pellkartoffeln mit Quark. Quark? What's that? Ich besitze inzwischen einen Quark-Maker, der in Sinne einer Joghurtmaschine Buttermilch zu Quark verarbeitet. Das Ding an sich: 50 Dollar. Ein Liter Buttermilch (der etwa 300g Quark ergibt): 3 Dollar. Oder - passierte Tomaten. Gibt's nur im italienischen Spezialitaetengeschaeft.....fuer ueber 7 Dollar pro 500ml!

Simple Grundzutaten. Schwer zu bekommen.

Und da wundern sich die Kanadier (ebenso wie die Amis), warum krankhafte Fettleibigkeit mit zu den am schnellsten wachsenden und groessten Problemen fuer das Gesundheitssystem zaehlt. Und warum ganz besonders wirtschaftlich schlechter gestellte Menschen, speziell Familien und Kinder, vermehrt von diesem Problem betroffen sind.